vom 20. Juni 2005

 

Preisgekrönte Sirene

Mit Florian Kerber gewinnt ein Lokalmatador bei "Jugend filmt"

 

Kurz vor Mitternacht stand am Samstag mit Florian Kerbers "Die abtrünnige Sirene" der Sicgerfilm der neunten "Jugend filmt" - Auflage fest. Die amüsant erzählte und präzise inszenierte Geschichte einer verliebten Sirene, die bei Hades ihre Unsterblichkeitskündigung einreicht, ist eine Seminararbeit des 23-jährigen  Landshuters für die Filmakademie  Ludwigsburg. Sie stand exemplarisch für das außergewöhnlich hohe Niveau dieses "offenen Wettbewerbs für junge Filmemacher unter 24 Jahren".

Das Festival, veranstaltet vom Film- und Videoclub Landshut VHS, der Stadt und dem Landesverband Film + Video Bayern, zeigte 31 Filme. Insgesamt gab es in diesem Jahr 74 Einreichungen. Welcher Beliebtheit sich "Jugend filmt" mittlerweile als

Plattform hoffnungsvollen Nachwuchses erfreut, zeigte dann nicht nur das rege Publikumsinteresse während der sechsstündigen Vorführung. Auch die anschließende Podiumsdiskussion der Jury war angesichts des Biergartenwetters erstaunlich gut besucht. Was vielleicht auch daran lag, dass die Gesprächsrunde im herrlichen Innenhof der Volkshochschule stattfand.

Moderiert von Annemarie Urban, der Clubleiterin des Film- und Videoclubs Landahut, diskutierten Martin Glatzel (Leiter der VHS Landshut), Maritta  Seitz (Gymnasium Seligenthal), Uli Karg (Landshuter Zeitung), Jürgen Liebenstein (Jugendreferent des Landesverbandes Film + Video) sowie Michael Schwarz (Student der Filmwissenschaften an der Universität Mainz) drei Stunden lang über die Filme und mit ihren Machern. Nach temperamentvoll geführten Gesprächen über bewegende Drehbücher, komplizierte Metaphorik und Einzelheiten aufnahmetechnischer Aspekte zog sich die Jury zur Beratung zurück, um nach einer halben Stunde die Preisträger zu verkünden.

Jurypreise in den fünf Hauptkategorien erhielten neben Florian Kerber (bester Film), Avril Tembouret aus Paris für "E Pericotoso Sporgersi" (beste Regie), Erik Lehmann aus Zwickau für "secundenschlaf" (beste Kamera), Philipp Fricker aus Stuttgart für "Urban Flows" (bester Schnitt) und Oliver Kienle aus Prichsenstadt für "Zimmer 404" (bestes Drehbuch) - alle Preisträger sind zwischen 21 und 24 Jahre alt.

"Wechselgeld",  Florian  Knittels virtuos  fotografierter  Fünfminüter über den wechselvollen Weg einer Münze, gewann den Publikumspreis. Der Film wurde auch von der Jury hoch gehandelt. Allerdings sind Knittels Kameramann und Cutter bereits älter als 24 - womit "Wechselgeld" für eine Auszeichnung in diesen Kategorien nicht in Frage kam. Den Sonderpreis für die beste Filmidee machte Florian Knittel allerdings keiner streitig.

Den Sonderpreis der VHS Landshut erhielt der 12-jährige Fabian Oswald aus Landau/Pfatz für "Orientierungslos", einen vierminütigen Zeichentrickfilm, der sich mit fast schon valentinesken Dialogen einem chaotischen Storchenflug in den Süden widmet. Einen Clip-Sonderpreis verlieh die Jury an Pius Neumaier aus Mallersdorf für "Do it Sideways", ein Ralley-Musikvideo - der Erstling des 17-Jährigen bestach durch den verbluffend sicher gehaltenen Gemeinschaftstakt von Bild und Ton. Eine Einladung zu den Bayerischen Film- und Videofestspielen 2006 nach St. Wolfgang erhielten der 23-jährige Babak Soori aus München für "Ein zufriedenes Herz" und Schülerinnen des Gymnasiums Kempfenhausen (alle bis 14 Jahre alt) die mit ihrer Dokumentation "Bio? Logisch!" ein flammendes Plädoyer für biologische Landwirtschaft ablieferten.

Florian Kerber stand währenddessen in einer Ecke des Innenhofs und wunderte sich immer noch, dass sein Film als bester des Wettbewerbs ausgezeichnet wurde. Was allerdings mehr über seine eigene Anspruchshaltung aussagt, als über die Qualität des prämierten Films.

Uli Karg