Zeitungsartikel über den 8. Offenen Jugendwettbewerb „Jugend filmt“ am 3. Juli 2004 in der VHS Landshut.

 

Weit mehr als „Sieben Silhouetten“

Abwechslungsreiches Programm mit tollen Filmideen
beim Wettbewerb „Jugend filmt“:

Die Zahl „Acht“  taucht im Jubiläumsjahr der Stadt Landshut auch bei „Jugend filmt“ auf. Bereits zum 8. Mal fand dieser Wettbewerb für junge Filmemacher in der Volkshochschule Landshut nun schon statt. Achtmal auch war Oberbürgermeister Josef Deimer Schirmherr dieser Veranstaltung und er ließ es sich nicht nehmen, vor der Eröffnung des Europamarktes auch die zahlreichen Jungfilmer aus ganz Deutschland im Vortragssaal der VHS zu begrüßen. 34 Filmproduktionen mit  den vielfältigsten Themen  waren von der Vorjury für das Programm ausgewählt worden, darunter viele Spielfilme, Slapstickkomödien, eine Animation von Legofiguren und Dokumentationen, sämtlichst von Jugendlichen im Alter zwischen 14 bis 24 gemacht.

Über die den ganzen  Tag und die halbe Nacht sehr gut besuchte Filmpräsentation freuten sich auch Annemarie Urban vom ausrichtenden Film- und Videoclub Landshut VHS, Martin Kochloefl vom Landesverband Film + Video Bayern e.V. und Martin Glatzel, Leiter der Volkshochschule Landshut, die mit der Stadt Landshut die Wettbewerbsgemeinschaft bilden.

Unter der Leitung von Jürgen Liebenstein diskutierten Verena Haßler und Eva Wartner, beide vom Gymnasium Seligenthal, Barbara Sabel, Sebastian Stern,  Student an der HFF München, und Martin Glatzel, der bereits zum achten Mal in der Jury war, die interessantesten Werke und vergaben die von der Stadt Landshut gestifteten Preise.

Als „Besten Film des Wettbewerbs“ zeichneten sie „Nemesis“ von Florian Knittel, dem 22-jährigen Filmstudenten aus Bernbeuren aus.

Eine Parabel auf das Leben – so beschreibt Florian Knittel seinen Film.

Mit Minimalausstattung und ohne Dialog gelingt es ihm, Spannung zu erzeugen und diese bis zum Ende durchzuhalten. Obwohl visuell fast nichts geschieht, passiert jede Menge im Kopf des einzigen Protagonisten, der von Tür zu Tür immer wieder warten muß, bis ihm die von Rot auf Grün  springende Ampel signalisiert, daß er eintreten darf. Hinter jeder Tür nahezu das gleiche Bild: zuerst ein leerer Raum, dann ein Stuhl, ein Tisch dazu, die nächste Tür und wieder das rote Licht, das zunächst den Eintritt verwehrt. Und so geht es immer weiter von Raum zu Raum. Kaum ist ein Fortschritt erreicht, wird wie von unsichtbarer Macht neue Wartezeit abverlangt mit all ihren  Versuchungen - bis das nächste Ziel erreicht scheint. Florian Knittel ist auf dem besten Weg, die nächste Tür ins Filmgeschäft zu öffnen.

Den Hauptpreis für eine ausgezeichnete Regie konnte Florian Kerber, der 22-jährige Landshuter und ebenfalls Student an der Filmakademie Baden Württemberg für seinen Spielfilm „Sieben Silhouetten“ entgegennehmen.

Ein junger Schäfer findet bei einem Einsiedler Unterschlupf und verpflichtet sich, für ihn zu arbeiten. Schon bald scheint er seine Vergangenheit zu vergessen. Aber das Bild der jungen Frau, die er tot aus dem Fluß geborgen hat, läßt ihn nicht mehr los. Nach langem Ringen mit sich selbst verläßt er deshalb den alten Einsiedler  und folgt dem sehnsüchtigen Ruf, der ihn im Moor in die Tiefe zieht.

Das ist der Stoff, aus dem eine tragische Oper geschrieben wird, in wunderschönen lyrischen Bildern erzählt. Geschickt im Parallelschnitt montiert, trägt uns die Musik, die gerade vom Komponisten niedergeschrieben wird, durch die Handlung der Geschichte. Fasziniert von der Musik beim Proben der Arie scheint sich das sehnsüchtige Rufen nun für die Sängerin zu wiederholen.

Ebenfalls für einen Spielfilm mit dem Titel „Waldluft“ vergab die Jury den Hauptpreis für ein besonderes Drehbuch an Markus F. Adrian (24 J.) aus Rostock.

Der Film basiert auf einem spannenden und humoristischen Drehbuch und erzählt eine tragikomische Begebenheit. Ein junger Mann sitzt geknebelt und gefesselt an einem Baum. Der mit dem Traktor angekommene Waldarbeiter beginnt, in direkter Nachbarschaft einen Baum zu fällen. Der Gefesselte versucht verzweifelt, auf sich aufmerksam zu machen. Endlich gelingt ihm seine Befreiung, aber es ist zu spät, denn der gefällte Baum erschlägt ihn in diesem Moment. Überraschend taucht nun im Wald ein Auto mit den drei Freunden des inzwischen toten Bräutigams auf, die ihm zum Abschied einen letzten Junggesellenstreich spielen wollten und gekommen sind, ihn wieder zu befreien.

Für eine besondere Kameraarbeit zeichnete die Jury den Film „Seezeichen“ von Sebastian Lindemann (24 J.) aus Satow aus.

In nur vier Minuten erzählt die hervorragende Kamera in Schwarzweiß eine Liebesgeschichte: den Abschied eines Seemannes von seinem Berufsleben auf See, das er so sehr geliebt hat.

Der Hauptpreis Schnitt ging an „Breaking the Rules“ von Gregor Erler (21 J.) aus Schöneiche

Herr Bert führt ein korrektes Leben. Tägliche Routine bestimmt seinen Alltag, bis er eines Tages ein Spiel findet, mit dem sich alles zu ändern scheint. Herrn Berts neue Aufgabe ist es, gegen seine alten Regeln zu rebellieren.

Der schnelle und exakte Schnitt der schwarz-weißen Slapstick-Komödie bringt die Zuschauer zum Lachen über den Herrn Bert, der beim Brechen der alten Regeln den neuen Regeln verfällt, in dem er wieder regelmäßig das tut, was ihm vorgeschrieben wird.

Das Publikum votierte für den kurzweiligen Film „Fliegenpflicht für Quadratköpfe“ von Stephan Müller (22 J.) aus Berlin, der hierfür den vom FVC Landshut VHS gestifteten Publikumspreis bekam.

Eine 22-jährige Berliner Göre will ihre Langeweile vertreiben und der Film zeigt uns, welche Maßnahmen sie unternimmt, um das zu erreichen. Die vielfältigen witzigen Einfälle und deren filmische Umsetzung kamen beim Publikum an. Noch im Abspann sprühte die Phantasie der jungen Filmemacher.

Martin Glatzel überreichte den VHS-Sonderpreis an Bernd Weissenbach (24 J.) aus München für den Spielfilm „Tiefenfahrt“ und begründete die Auszeichnung mit dem sozialkritischen Motiv, das diesem Film zugrunde liegt. Die Geschichte der vier Protagonisten, deren Schicksale bei ihrer „Tiefenfahrt“ in der U-Bahn erzählt wird, wirbt für mehr Toleranz zwischen den Menschen, deren Persönlichkeit und Lebensweg alle durch ihr eigenes Schicksal geprägt sind.

Schließlich gab es noch vier weitere Sonderpreise:

Für eine besondere Animation an „(Die) Jugend filmt“ von Andreas Feix (15 J.), Hilzingen, der das Publikum - wie schon im letzten Jahr - mit seinen originell animierten Legofiguren amüsierte.

Für eine besondere Darsteller-Leistung an „Viola“ von Oliver Kienle (22 J.), Prichsenstadt. Die schauspielerische Leistung als eifersüchtiger Mann überzeugte die Gesprächsrunde.

Für eine besondere Dokumentation an „10 Jahre voller Nervenkitzel“ von Michael Scheuten (14 J.), Alpen. Die Jury war beeindruckt von dieser Reportage über ein Auto-Stuntrennen eines erst Vierzehnjährigen.

Für eine besondere Schülergruppenarbeit an „Zu Fall“ von der Klasse 9d des Clavius-Gymnasiums Bamberg (14-24 J.).

 

Tiefenbach, 5. Juli 2004, Film- und Videoclub Landshut VHS, Annemarie Urban